August Halliman, du tantrischer Zwerg, du warst es, der an diesem Abend, von meinen Farben getroffen, so demaskiert worden ist. Dich traf der Pinsel zuerst. Dein Angesicht wurde zur Pella piomba. Schwer hängt von nun an der Vorhang der Züge an einem Messingschild über der Klause. „So gefällst du mir, alter Junge“, hat ein amerikanischer Pilger darauf gekratzt.
Satt von Öl sollst du sein in Ewigkeit, Amen. Auch mußt du dir selber nie mehr gehorchen, denn ich habe dich endgültig frei gemalt. Fern in Farben gebettet, Tizian spendete heimlichen Segen und Rembrandt den milden Zorn der Naß-in-Naß Malerei seiner eifernden Rechten. So lagst du denn da auf meiner Patene, genannt „Die ältere Ottomane“.
Von ferne siehst du nun Tibet, durchforschst es, ohne es je zu betreten, siehst blank und hirnlos die Komödien schlimmer Dämonen auf shaktischen Schriften, und neben dir, oh Tränen fließt, hilft sogar Albert Grünwedel, in leidender Größe, bei schwieriger Übersetzung. Dieser Held ist in allen Ehren gestrandet. Vom Kalashakra-Tantra tödlich getroffen, liegt er verzaubert im Schlaf (in der Münchner Staatsbibliothek), ehe von ihm auch nur das Geringste austreten konnte aus Nase und Mund. Nur erbleichte er damals so jäh, weil ein Spritzer von Bleiweiß versehentlich seine blauen Lippen berührte. Oh weh, dieser kleine Hieb, er hatte doch Hallimanns Augen gegolten, ließ Grünwedel fast erwachen, aber von den weiteren Folgen weiß ich bis heute noch nichts. „Einigt Euch“, rief ich damals, „und laßt es euch gut sein am weißen Gift.“
In dieser Bekenntniskammer in Wien, nur fünf Schuh älterer Rechnung, unter Dosso Dossis schmetterlingsmalendem Jupiter, der von Merkur gehindert wird, die verfolgte Tugend auch nur zu bemerken, wird mit geschmeidig fließenden Farben, ebenso ohne Moral, göttlich geschaffen.
Von Seelen ist hier keine Spur, vom Gesetz des Herzens kein einziger Schlag und von der klagenden Tugend will auch hier kein Gott etwas wissen.
„Weiße Farbe macht weise, schlürft nur davon, so erfreut ihr den Maler.“
So rief ich damals, als ich Halliman malte, um ihn sanftmütig niederzustoßen ins nasse Porträt. Auch der gute Herr Englschall, der mir deswegen ausweicht, kommt später mal dran. Ich erwische ihn noch. Nur den Adepten, den will ich schonen. Ich vermöchte es nicht, ihn zu bannen, geschweige denn, ihn ausgerechnet in eine Bekenntniskammer zu zerren und möglicherweise sein teures Haupt dem genäschigen Jenseits verfressener Götter zu überlassen.