Paul Mersmann: Schattenstücke l Kleine Theorien und Schattenstücke (5)

Theaterstück von der Verwandlung des Objektiven

Gelegentlich erinnere ich mich als ungebildeter Anhänger wissenschaftlicher Weisheit - es gibt sie ja kaum - an Heisenbergs goldene Dogmen. Welch ein ungeheurer Anblick, wenn etwa die gequälte Materie am äußersten Ende der Jagd ins unverfolgbare Leben taucht, sich entzieht und aufs neue verwandelt, wenn im letzten und schärfsten Augenblick, im atemlosen Zustand des unaufhaltsam losbrechenden Homerischen Gelächters, der belauerte Stoff zum Spiegelbild des Betrachters wird, wenn zur Verblüffung der objektiven Idioten die letzte Feinheit des Blicks zum Selbstbildnis wird und der Jäger, erbärmlich derbleckt, mit seiner Beute verschmelzen muß.

Dabei will man nicht wissen, was Buddha gelehrt hat. Von Christus, seinem Nachfolger, möchte ich hier gänzlich schweigen, er ist nach dem Tode des Demiurgen zum Menschenbruder geworden, den wir beherbergen können, falls wir ihn uns erfunden haben. In freier Gestaltung, versteht sich, mit oder ohne Bart, so weit sind wir ihm auf dem Wege zum Solipsismus entgegen gekommen. Er gleicht uns schon ganz erstaunlich.

Daher sehe ich die drei erwähnten Personen vorerst nicht in mir selber heilsam und still erloschen, sondern mehr oder weniger äußerlich vor mir. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis der Augenblick kommt, da wir ineinander gestürzt die künstliche Einheit des Schreibpapiers in voller Erlösung verlassen. Zurück bleiben wird das poetische Gegenbild einer Lebenslandschaft, mit der wir verschmolzen waren und die alsdann den Zonen der Chronik entgegen schwebt.

Und so vertreibe ich mir als untergehender Bettler vor den allzu oft geschlossenen Banken der Intuition ein wenig die Zeit. Es ist ein nächtliches Wandern auf dem Acker der zweiten Natur. Ich klettere über den Grat des mühsam Beschreibbaren, auf dem es nur dämmert und niemals zu grünen beginnt, dort wachsen und wuchern die Schatten. Und man nehme mir manche Verwirrung nicht weiter übel, immer wieder verstrickt sich der Kopf in den Widerspruch zwischen Schreiben und Lesen. Man schreibt und stolpert von Zeile zu Zeile über sich selbst.