Diffusion

Moderne diffundiert in dem Maß, in dem sie sich dem amalgamiert, was ihr vorausgeht, um die Schwierigkeiten zu bestehen, in die sie die bloße Tatsache des Neuanfangs bringt. So lernt die Industrie, sich der Kniffe der Evolution bei der Lösung mechanischer Konstruktionsaufgaben zu bedienen und Computer nach Maßgabe des menschlichen Gehirns zu konstruieren. Formen ökologischen Wirtschaftens, die sich einst den Vorwurf abergläubischen Tuns und mangelnder Effizienz gefallen lassen müssen und heute als Studienobjekte das Überleben der Menschheit sichern sollen, finden ihr Widerspiel in den Künsten, die entdecken, was niemals verloren, nur in den Schatten gerückt und mit mancherlei Verdikten belegt war. Nachdem das Menschheitsinteresse sich offensichtlich ermäßigt hat auf das Interesse der Menschheit, am Leben zu bleiben und dies zu erträglichen Konditionen, sieht man auch in der Kunst um einiges klarer. Das bedeutet weder, dass es die Moderne ›nicht gibt‹, noch dass es eine sinnvolle Regung wäre, ›an die Gabelung zurückzukehren‹ und die richtige Abzweigung zu nehmen. Eher bedeutet es, dass die Frage nach den menschlichen ›Ressourcen‹ neu gestellt wird, wie der Ausdruck der Effizienzapostel unverändert lautet. Nicht die offizielle Praxis, in der Kultur und Soziales Etatposten darstellen, die bewirtschaftet werden müssen, sondern die Praktiken, deren sich die Individuen bedienen, um nicht verloren zu gehen in der gesicherten Welt, geben Auskunft über das, was geht und was nicht geht. Da kommen die Einzelgänger der Kunst gerade recht, die im Auge der Gegenwart den blinden Fleck bewohnen. Sie sind es nicht nur gewöhnt, ihrer Wahrnehmung zu vertrauen – mit jenem Schuss Misstrauen, das sie sich selbst schuldig sind –, sondern im Vertrauen auf sie etwas ins Werk zu setzen, das die momentanen Kräfte an jeder Stelle übersteigt, aber im Lebensprozess gewinnt.