Die Bilder
Man tritt in die Bilder ein wie in eine andere Welt. In ihr herrscht eine gewisse Ordnung, die nicht leicht zu durchschauen ist, sich aber dem Gefühl mitteilt wie eine Unordnung, die etwas verloren Geglaubtes an den Tag bringt. Da liegt es nun, vor dem Auge ausgebreitet, das sich daran nicht sattsehen kann, obgleich es diesen Hunger wenige Momente zuvor noch nicht zu spüren, nicht einmal zu kennen beabsichtigte. Dieses ›Auge‹, der ganze Komplex, den der Ausdruck in der Kunsttheorie aufruft, soll hier nicht weiter bedacht werden. Die Konzentration gilt den Bildern, allen voran dem einen, genannt Die Geburt der Moderne, das sich den Blicken als erstes darbietet und eine Art Wiedergeburt im Betrachter auslöst: Voilà, la peinture. Es ist ein Wandbild, das von einem Ende der Diele bis zum anderen reicht. Seine düstere, durch kontingente Lichtverhältnisse erzeugte Opulenz erinnert an exotische Sujets einer untergegangenen Malerei. Ausgeleuchtet entfaltet es eine warme, auf einen rötlichen, keineswegs dunklen Grundton gestimmte Farbigkeit. Der Eindruck des Untergegangenen und durch einen wunderlichen Zufall wieder zutage Getretenen scheint nicht der Zeit geschuldet, sondern etwas, dem vielleicht der Ausdruck ›Exterritorialität‹ am nächsten kommt. Man tritt, die andere Welt des Bildes vor Augen, in eine andere Kunstwelt ein. Fürs erste sieht man auf einen Garten, eine Art Garten, in dem sich die Geburt des magischen Vogels vollzieht: »La nascita dell uccello magico«, wie es in der Aufschrift heißt. Dass es sich um eine komplexere Geburt als die der Botticellischen Venus handelt, ergibt sich aus der Anlage des Bildes beinahe von selbst. Es handelt nicht von getrennten Vorgängen: die Geburt des Vogels und die Geburt der Moderne sind eins, keine geht der anderen voran oder folgt ihr nach. Die Kunst akzeptiert nicht die Tatsachen der Moderne, der magische Kolibri antwortet auf nichts, er ist plötzlich da.