Ulrich Schödlbauer: Homomaris oder die Geburt der Bilder [72]

Mersmann hat sich mit der so entstandenen, allzu komfortablen Lage der Kunst keinen Atemzug lang einverstanden erklärt. Er hat sie, im Gegenteil, zur Zielscheibe seines Spotts gemacht und vor allem in den A.B.C.-Büchern eine Form steter Korrektur gefunden, bei der die sancta obscuritas, das heilige Dunkel, über Brücken und Stege, deren Gebrechlichkeit und Vorläufigkeit immer wieder überrascht, in die Bilder zurückgeleitet wird. Dunkles durch Dunkleres steht, mehr Abwehrzauber als Wahlspruch, über diesen Arbeiten, die weder vorgeben, hermetisch zu sein, noch hermetisch wirken, aber Aussichten haben, als Corpus Hermeticum in die Geschichte der in der Kunst neuerlich erscheinenden Poesie einzugehen. Nicht dass, neben anderem, auch der dunkle Sinn hergestellt werden kann, ist ihre Botschaft, ebenso wenig die Verweigerung aller Botschaft. Ihre Botschaft, so dürfte man sagen, ist die ›Ankunft des göttlichen Urteils‹, wie es auf dem Marco-Polo-Bild heißt – eine erklärungswürdige Formel, deren alttestamentarische Brücken die Pilgerschaft Abrahams ebenso einschließen wie den Exodus. Die Freiheit des Entwurfs geht auf diesen Blättern rückwärts, in die Gebundenheit der Stoffe, die wie Geister oder Kobolde im Imaginarium auftauchen. Als Gespensterseher nimmt sich der Künstler alle Freiheiten, die ihm die Freiheit der Konstruktion verweigert, weil sie zu nichts fortgeht als zu sich selbst.