Paul Mersmann: Kunst und Raub [4]

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Es wird stillschweigend angenommen, die Währung der Vernunft sei durch Wissenschaften gedeckt. Wo aber ist der Vertrag mit der Philosophie? Wo und wann ist man sich einig geworden, ohne daß wir es je offiziell erfahren durften? Wo ist die ordnende Institution, das Gericht dieses seltsamen Zustandes? Kann man es anrufen, wenn Wissen zur schieren Dummheit, zur Willkür geworden ist? Worauf stützt sich der Anspruch auf Wahrheit, wenn man entgeistigte Fakten als Tatsachen tauft? Ist unsere Wahrheit ein Los auf den programmierten Affen der Zukunft? Den freilich könnte man auf seinen Wirklichkeitszustand einstellen und endlich auch einschätzen. In welcher Richtung läge wohl seine Zukunft? Etwa nach rückwärts, in die Geschichte der Stoffe? Was erwartet uns in den Vorratskammern der Erde, den Urzellen des Fleisches, des Feuers, der Luft, des Kosmos? Die Atombombe stammt nicht grundlos aus gnädig versteckten Winkeln einer Natur, die nie die menschliche war. Kurz gesagt, es dämmert einem, was Buddha gemeint haben könnte, als er Maja, die allmächtige Illusion, als ewiges Übel der Welt bezeichnet hat. Eines wissen wir doch bereits bis zum Grauen – der gesellschaftliche Versuch, den Menschen realistisch zu fassen, ist blutig genug an seiner Objektivierung gescheitert. Und die Kunst, von der hier die Rede ist, verrenkt sich vor lauter Sinngebung schon den Kopf. Die Einfalt unseres Zustandes ist beängstigend. Man kann nicht als Mensch die Erde besitzen, weil man ihr nicht vollständig entspricht. Wir wissen genau genommen nicht einmal, was wir essen sollen. Die Kochkunst und das Reformhaus sind die besten Beweise für diesen Umstand.