Paul Mersmann: Schattenstücke l Graganz (5)

Hinter einem Stützpfeiler aus grauen Steinen und mürbe gewordenen Ziegeln lag eine andere Pforte. Der Alte ergriff eine eiserne Klammer, stieß als erstes die Fahne hindurch, und stand sogleich wieder aufrecht neben dem Stab.

Man sah jetzt Teile des alten, unübersichtlichen, ziemlich ausgedehnt erscheinenden Gebäudes. Es bestand aus einer Kette kleinerer und größerer Gebäude, darunter auch braune Hütten, die bis an die ersten Felsbrocken der aufsteigenden Bergwand reichten, die hier aber keinen so phantastischen Eindruck mehr machen konnte wie von unten aus weiter Feme. Sie sah aus wie ein großes aufwärtsgestelltes Gebäck. Die Architektur der Anlage, die von Hecken und Mauerteilen umschlossen gleichsam zur Täuschung nur mit großen Unterbrechungen zwischen Hecken und Bäumen auftauchte, war Grübeleien über phantastische Innenräume überaus günstig und insofern auch traumhaft. Gerade die große Wiese als letzte Fläche vor den Gebäuden erschien den beiden als leuchtend wuchernder Teppich einer beängstigend wirkenden Rachsucht der alten und freien Natur vor den Werken dieser zusammengestoppelten Baukunst.

Der abendliche Himmel, das Grün der Wiese, die Geräusche der über dem Ort Graganz wie rückwärts sich schwingenden Vögel wirkten zwar ganz vertraulich, wie ein schlichter Kindergruß aus den Alpen, aber andererseits wie ein häufig geträumtes oder verdrängtes Jugenderlebnis, dessen man sich nur mit unangenehmen Gefühlen erinnert.

Beide empfanden besonders diese suchende um Vergleichungen ringende Stimmung, von der sie aber so leicht nicht ablassen konnten, als quälend und unangenehm. »Es ist wie im Bild eines Surrealisten mit einschlägiger Bekanntschaft des Jugendstils«, bemerkte Englschall komisch belustigt. »Oder wie in einem Alpenbild von Balthus.«

Jeder, der, als Tourist und Wanderer aus der Ferne herbeigelockt, gleich ihnen gekommen wäre, um hier Zeugnisse alter Zeiten zu bestaunen, wäre genau wie sie auf der Stelle Teil eines solchen Bildes geworden. »Man fühlt sich photographiert, oder auf photographische Weise auf diese Wiese genagelt«, warf Halliman ein.