Paul Mersmann: Die Bilder (5)

Die bunte Insel vor den Augen des Betrachters erhebt auch diesen Anspruch. Sie entspringt der Sehnsucht nach einer religiösen und moralischen Wissenschaft, die nicht handelt, sondern Schattenspiele treibt und hinter Mauern, die den Charakter von Klostermauern tragen, beziehungsreiche Erkenntnisse sucht. Göttliche Kräfte sollen in den Dienst der Materie gestellt werden und mechanische Wunder bewirken.

Die Darstellung dieses weiblichen Halbwesens scheint mir dazu berufen, solche Gedanken zu erwecken. Frankreich, der Orient und die späte Antike auf dem Boden Afrikas sind hier zu spüren. Schon dass diese schwebende Dame mit Rousseau befreundet sein kann, deutet in eine bestimmte Richtung. Es handelt sich um einen für den Glauben, nicht für das Wissen bestimmten Materialismus, den diese Gestalt behütet. Das ist es, was hinter ihr als das Unmalbare wirkt. Die Schwierigkeit, dies zu erkennen, liegt darin, dass der Materialist in Bildern nichts suchen kann. Man ist in diesem Fall mitten in dem, was das Bild der Dame hütet, befangen, man ist selber in so etwas Ähnlichem und kommt weder in das Bild hinein noch hindurch. Andererseits ist es hierdurch eine Art Heilquelle, der sich auszusetzen dem hart gewordenen Verstand wohltut. Dass hier auch noch sonst eine Heilsamkeit wohnt, erkennt man an der Schlange und den Vögeln, die Schärpen tragen. Es sind fliegende Apotheker, Heilboten, kundige Geschöpfe. Eine Waldesfeuchtigkeit bestimmt den Boden. Sie spricht für eine Macht, die zum Grübeln stimmt, die Vergessenes aufweckt. Der Baum darüber ist auch so etwas wie eine Apotheke mitten im Wald. Es kann sich vieles an ihm öffnen. Die klugen Vögel können wie aus einem natürlichen Schrank manches entnehmen und verstreuen. Es war mir nie möglich, den grünen, etwas flüchtig und streifig gemalten Hintergrund unter den Ästen der linken Seite des Baumes zu verbessern, aber ich fand ihn auch nie ganz unbedeutend. Mir kam hier immer etwas entgegen, das dem feuchten Hauch eines empfindlichen Schimmels entspricht, wie er Pilze und glatte Baumrinden befallen kann. Es ist ein zarter Anwurf, keine Luft, eine zauberische Wirkung, die eigentlich durch eine bloße Berührung mit dem Finger auszulöschen ist.

Um das gesamte Bild zu umfassen, müssten wir wieder zur Mitte zurückkehren. Auch hier steigen wir von tieferen Punkten nach oben auf. Steinerne Lemuren in blauer Farbe rotten sich unter dem Kopf des Wächters zusammen. Sie wirken fein verschliffen. Ich habe hierbei an eine für tot gehaltene Abteilung der Stoffe gedacht, wie sie der Nacht angehören, die wir kennenlernen, wenn wir Gebiete spekulativ betreten, die durch Wissen nicht mehr erfahrbar sind.