Paul Mersmann: Nachwort zur Offenbarung Johannis [2]

Wer zuvor in der Genesis das Selbstlob Gottes über die Endgültigkeit seiner Schöpfung vernommen hat und dann mit Bedenken von der Versuchung im Garten Eden erfährt, der hat bereits im Grünen und Blühen dieser göttlichen Landschaft einen geläufigen Zug des gottverfügten Verderbens kennengelernt, der in Verfluchung und harter Landwirtschaft enden muss und die Allmacht dieses Gottes immer wieder so seltsam entstellt. Was bedeutet die Unwissenheit eines Schöpfers über Art und Eigenschaften seiner Geschöpfe, wenn die erste gelobte Natur des Heils alsbald in Pflügen und Säen, in Unwettern, Leiden und Schafeblöken untergehen wird? Das Paradies hat sich selber entstellt, es ist, gleichsam als Widerspruch zur Allweisheit Gottes, menschlich untergegangen und das, ob man will oder nicht, bis auf den heutigen Tag.
In der Offenbarung Johannis erleben wir nach der Sündflut ein drittes Mal, wenn auch nunmehr viel endgültiger, den Untergang aller menschlichen Verhältnisse in Blut und Trümmern, in Feuerpfühlen und Wasserfluten, um im ersten phantastischen Aufbruch eines glänzenden Manierismus die Schöpfung einer Stadt aus Edelsteinen und Gold und selbst aus Sonnenlosigkeit und ohne den Mond und das Meer, als Kunstwerk eines großen Dichters jenseits aller Naivität des Landbaus und göttlicher Bäuerlichkeit entstehen zu sehen.
Von Stämmen, Rindern und Kindern titanenhaft blutig befreit, hat der Dichter von Patmos die Reinigung der Erde noch einmal dem rächenden Gott überlassen, um im Anschluss daran die Bewohner seiner neuen Stadt als feierlich wandelnde Heilige vorzustellen. Man sollte meinen, hier lebten von nun an heiliggesprochene Künstler nach langen Leiden unter den ewigen Bauern im Zentrum der eigenen Schöpfung.
Dieser Bruch ist vollkommen neu. Gott zerstört in Ketten der Rachsucht die eigenen Werke, indessen ein offenbar vom höheren Geist des Pleromas bestimmter Mensch wie ein Goldschmiedemeister, statt Milch und Honig zu preisen, die vergrabenen Kostbarkeiten der Erde in Werke der Kunst verwandelt. Deutlich endet die Herrschaft des Gottes verfluchter, ohne die Freiheit der Kunst existierender Welten weit unterhalb des Pleromas.