Paul Mersmann: Kunst und Raub [7]

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Es ist verständlich, daß jeder tiefere Zweifel an der glücklichen Fahrt oder immerwährenden Ankunft des Fortschritts in den ersetzten Tod, den ersetzten Gott und vor allen Dingen in das ersetzte Leben als schwärzester Traditionalismus verstanden wird. Zwar verschweigt der wissenschaftliche Pragmatismus diese Ziele schon wegen seines ganz selbstverständlichen Anspruchs, seine Wirklichkeit hätte Symbole und Glauben nicht nötig, aber er vergiftet den Wert derselben, indem er sie durch Unterabteilungen seiner Forschung erniedrigend deutet. Dadurch ist aber auch die Wissenschaft selber erniedrigend deutbar. Sie muß die unendliche Freiheit des Denkbaren und der Hoffnung allzu beschränkt ersetzen, denn diese ist das Fundament des Bewußtseins. Hier nun verläßt die Wissenschaft in tausend trüben Quellen die strenge Klausur des Abstrakten und nährt in zahlreichen Halbwissenschaften den platt-realistischen Weltaberglauben. Alle, die zum Rechnen zu dumm und zum Glauben zu klein sind, werden auf diese Weise von ihr bedient. Die Konventikel-Wissenschaften beherrschen Zeitungen und Fernsehmagazine. Heerscharen graduierter Missionare verbreiten ungestraft die neuesten Wunder unkontrollierbarer Institute. Dies vorausgesetzt, begreift man den still vollzogenen Abschied von jeder Kontrolle des reinen Denkens. Der hochkomplizierte Materialismus, er mag auf den Mars oder in die vielzitierten Bausteine des Lebens führen, ist in geistiger Hinsicht von rührender Naivität.