Anders steht es mit meiner Ansicht über einen Gott des maßlosen, ja höchst willkürlichen Realismus, den er selber erfunden hat und aufhebt, wann immer es ihm beliebt. Hier gestehe ich eine nicht so spontane Kritik dieses Gottes als Demiurg, ohne mich im Sinne der Gnosis einem höheren Bild zu verweigern. Hinzu kommt, dass das vorgefundene Übermaß seines Interesses an der Zeugung von Söhnen, Weibern, Kindern und Rindern ernüchternd auf mich wirkt, und es mir als einem durch Nietzsche geprägten Deutschen unmöglich ist, hinter die Verkündigung vom Tode dieses Gottes zurückzukehren.
Auch sehe ich, gleichsam kühneren Bildern der Gnosis folgend, Christus nicht als Erfüller des alten Testaments, sondern als dessen aus guten Gründen gekreuzigten Gegner. Diese gewaltsame Trennung halte ich für eine längst überfällige theologische Herausforderung mit bedeutenden Folgen – Christus hat neue Sünden und Tugenden mit sich gebracht, deren ganzes Wesen den Begriff des Volkes Gottes gesprengt hat. Christus ist die Hochgestalt des Einzelnen selbst. In der gottfreien Einsamkeit dieses Ereignisses ist er zum Menschenbruder geworden und dieser Zustand entspricht dem Wesen der Kunst. Christus ist zum seelisch befragbaren Ich des Künstlers geworden, durch das er Inspiration erfahren kann. Das Ich des Einzelnen wird vom Abbild dieses neuen fast glanzlosen Apollons begleitet.
Dennoch ist ein lebensgefährlicher Irrtum, das Erbe, das Leichengift eines letzten Gesetzes des toten Gottes übrig geblieben. Es ist die längst säkularisierte und hierdurch im Sprachgebrauch wahr gewordene Lüge vom Wissen. Wissen durch kollektiven Gehorsam gegenüber dem göttlichen Gesetz, zum Schluss gegenüber dem Gesetz der Natur.
Phantasielose Intelligenz ist die letzte Gabe des Demiurgen. Auch sie ist in der Kreuzigung aufgehoben, auf dass wir zu Schöpfern, aber nicht zu Wissenschaftlern würden.