Medialität generiert Realität
In dem Tagungsabeitrag wurde die These "Medialität generiert
Realität" einer Prüfung unterzogen, indem
- geprüft wird, was für die These spricht,
- Gegenargumente aufgeboten werden
- eine modifizierte Version verteidigt wird
Die Pro-Argumente werden zunächst gemäß einer in der
Medientheorie geläufigen Unterscheidung geprüft:
- Wahrnehmungsmedien,
- Kommunikationsmedien,
- Verbreitungsmedien,
wobei der Begriff des Mediums als
Mitte nicht als
Mittel (zu Zwecken) verstanden werden muß.
- Daß wir die Realität nicht unmittelbar wahrnehmen, sondern
vermittelt durch ein Medium, ist eine seit Aristoteles geläufige
philosophische Überzeugung.
- Daß wir auch in Kommunikation nicht unmittelbar Alterität im
Verstehen aufbrechen, ist zwar eine von einer Minderheit von
Konsnestheoretikern, Dialogisten und Verstehensemphatikern
bestrittene, aber doch wohl hinreichend plausible These.
- Daß die Verbreitung medial (d.h. in einer Mitte und durch sie)
geschieht, kann ebenfalls verdeutlicht werden, wobei sich
abschließend zeigt, daß die Unterscheidung von Wahrnehmung,
Kommunikation und Verbreitung nur aspektive Schwerpunktsetzungen
darstellen, keineswegs aber auf die Ontologie verschiedener Medien
hinführt. In der relationalen Mitte (Röttgers nennt das den
"kommunikativen Text") kann eben verschiedenes geschehen, ohne daß
dadurch oder sogar unabhängig davon die Mitte/das Medium
verschiedenes ist.
Gegen die These spricht,
- daß sich das funktionierende Medium in seinem Fungieren in die
Unsichtbarkeit zurückzieht;
- daß die Vermittlung im Medium etwas anderes (und weniger) ist
als die Generalthese behauptet;
- daß die Emphatisierung der Relation nicht die Existenz der
Relata bestreitet, sondern nur ihre Relevanz einklammern muß;
- daß daher vieles für einen moderaten Realismus spricht, der die
Erzeugung von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit als komplementäre
Prozesse begreifen lehrt.
Die Neuen Medien, insbesondere das Internet, leiten dazu an,
auch die alten Medien neu zu begreifen, d. h. die Netzstruktur und
das Labyrinth als Wissensorganisationsformen der Postmoderne zu
verstehen.
Die Neuen Medien - und das ist jetzt die modifizierte Form der
zu prüfenden These - generieren neue Realitäten sui generis, z. B.
"Second Life", und verwandeln damit auch die alte Realität, z. B.
die Identitätskonzepte.
Die Neuen Medien reihen sich ein in eine neue
Immanenzphilosophie, die den Repräsentationsbegriff der klassischen
Ontologie und Erkenntnistheorie hinter sich läßt und stattdessen
mit der labyrinthischen Netzstruktur einer nomadologischen
Erkenntnisstruktur folgt.
Das sei nun im folgenden an einigen
Beispielen erläutert. ►