Ulrich Schödlbauer: Homomaris oder die Geburt der Bilder [49]

Figur


Doch stürzen, einmal geweckt, die Ereignisse wieder zu Boden und von den Ereignissen herab rieseln Geheimnisse und diese, die weder zu sehen noch zu hören sind, stellen sich an die Seite, wo der graue Fortgang seine Quellen hat und der letzte Buchstabe des Alphabets mit dem letzten aller Papierstücke in ratloser Umnachtung zurückbleibt.
Paul Mersmann

Die Moderne wird nicht überwunden, sie diffundiert. Kondylis’ radikale Rückverlegung der Postmoderne in die Anfänge der Massenkultur überzeugt, weil sie begründet, warum sich postmodernes Denken auf keine Weise von der Moderne und ihren Prädispositionen zu lösen vermag. Die Postmoderne ist keine zweite Moderne, sondern ein Modus des Verfügens über die modernen Bestände, der das Meiste der urbanen Intelligenz verdankt, ihren Kommunikationsstrategien, ihrem Witz, ihrem Unglauben, ihrem Wissen darum, wie Wissen und Entscheidungen generiert werden, ihrer Verfügung über die Alternativen, ihrer Vertrautheit mit den Verbreitungs- und Beeinflussungsmechanismen und den sich fortwährend aufspaltenden Konsumentenhaltungen, die sich daraus ergeben, mit ihren spezifischen Weisen des Zuschauens und Zupackens, die das Feld zwischen Entscheidung und Nichtentscheidung auffächern. Ist Moderne ein ›Geschick‹, so ist Postmoderne eine Verfassung, ein Stil, eine Weise des Zurechtkommens mit den Gegebenheiten der Moderne. Die ›großen Erzählungen‹ gehören zu ihren illuminativen Bestandteilen, die man zwar aus dem Bewusstsein streichen, aber nicht aus ihm eliminieren kann. In mehr als einer Hinsicht ist die Überwindung der Moderne das kulturelle Beiprogramm der Moderne. Es nimmt daher nicht wunder, Überwinder und Vergesser von Anfang an nebeneinander auftreten zu sehen.