DER TEMPEL DER PARA NOYER |
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Para Noyer Dem Volke (1) Para Noyer hat beschlossen, dass 5 Mersmann-Bilder vorübergehend in der westlichen Lobby des Reichstags aufgehängt werden. Dies geschieht in Begleitung dreier keltischer Göttinnen, die aus Nîmes herbeigeeilt sind, um das Unternehmen vom Dach des Plenarsaales aus zu überwachen. Abbildung: Reichstag, westliche Lobby |
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Rede der toten Para vom Weltgebäude herab |
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Wieder einmal in der Stille nach der traurigen Selbstgewissheit meines vorläufigen Todes blicke ich vom eroberten Weltgebäude herab, das mir in solchen Augenblicken geschenkt erscheint, obwohl blutige Tränen seiner Erstürmung bedurften und sehe da unten die Fenster und Türen des Unheils in päpstlichen Farben geöffnet, als sei Ostern gekommen, die neue Erlösermesse zu feiern. Auch ich, im Nachthemd aus silberner Seide, gleiche hierin der Päpstin Johanna, die sich einst auf der Engelsbrücke, der Not gehorchend, dem wütenden Pöbel in Rom offenbaren musste. Jetzt hebe ich meine Arme, wohl wissend, was meiner Busenfreundin geschah, und offenbare das goldene Osterei, von allen Lastern der Kunst befreit, um der schweigend geduckten Welt zu befehlen, mich vorsichtig anzubeten. Dieses Ei ist zugleich meine Mitra. Darauf sogleich mit ihr in mein Hirn zurückgezogen, entgleitet sie schon meinen Händen und fällt Tausende von Kilometern in die Tag-und-Nacht-Welt hinaus und treibt den Schweif ihrer Gerechtigkeit bis in Augen des untersten Dämons, den außer mir nur Dante und Nietzsche gekannt haben mögen. Beide senden Worte der Warnung zurück, die ich nicht mißverstehen kann. Sie nennen mich vor dem lauernden Dämon zum Schein eine Hexe und Gegenfrau mit ungehörigem Anspruch auf Adoration und ich suche sofort ein zweites Osterei, um damit dem vorlauten Dämon die Stirn zu zerschmettern. Es ist blau wie der letzte Streifen des Himmels, der über dem Meer gewöhnlich den Fischen gilt, die keineswegs den Schlaf suchen, sondern die roten Korallenbäume aus den Kanonenrohren eines untergegangenen deutschen U-Bootes. Hier versammeln sie sich, die guten Heringe, ein Nachtlied zu singen. »Guten Morgen, gut' Nacht...« Also ich sammele jetzt meine Rolle, breit wie ein schlechter Teppich vor dem Altar einer Dorfkirche, werfe sie über die Brüstung der fünfhundert Mohrenhäupter aus schwarzem poliertem Marmor und überwinde den ungeheuren Anblick vom Weltgebäude herab durch ihren gemeißelten Mut. Was ist das Weltgebäude, so will ich beginnen, aber mein Augen verwirrt sich in den Mustern des Teppichs, auf dem die Flecken zertretenen Brotes und ausgegossenen Weines die Lügen der Pfarrer verkündigen, die hier tagtäglich gelästert haben, denn sie wissen nicht, was sie tun, noch wissen sie, was ich weiß. Zuvor, um mehr Mut zu fassen, erkläre ich kurz wie ein Architekt, der die profitable Schweigsamkeit des Bauhauses geerbt hat, die Grundzüge des Weltgebäudes und ergreife dabei meinen Stab aus durchlöchertem Schwemmholz der Wolken, leicht und zerbrechlich wie Zunder und zeichne den Fünfzackigen Stern des Gebäudes. Man begreift sogleich, dass es eine Festung und eine Fußangel ist. Dann erfasse man, nach ein paar kurzen nach oben und unten geführten Linien, wie die Beschwörung chaotischer Züge, gewaltsam und herrlich zugleich Etagen der durchlöcherten Fassade, dem schäbigen Stabe gleicht, den ich durch die Luft schwingen lasse, um sie zeichnend hervorzurufen. Welcher Bleistift war nicht die Ursache seines eigenen Strichs? Und so, Loch an Loch, Nichts an Nichts, türmt sich der Bau als ein Sieb des Himmels, die Engel und Geister zu fangen, die ohnehin keine Heimat haben. Das nämlich ist das Geheimnis des Weltgebäudes. Es ist ein Sieb, den Engeln und Herrscharen das Grand Hotel mit dem Titel MISERIA NOSTRA zu eröffnen. Es kostet nicht einmal Gebete, denn sie selber sind so unfasslich wie ein jedes Gebet und auch so heimatlos und so den höheren Elementen der Atmosphäre verwoben, dass sie irrsinnig schwebend ohne Hoffnung sind auf Gott oder Götter und das Weltgebäude, von dem ich zu predigen gedenke, schon für ein Paradies erachten. So halte ich mir der einkehrenden Züge dieser Heerscharen wegen die Ohren zu, denn sie tragen eiserne Glocken an ihren Hörnern und Flügeln. Tag für Tag werden es mehr und Wolkensümpfe, Miasmen der Himmelshölle, erzeugen sie rascher, als jeder Gott es vermöchte. Tausendfach schneller, tausendfach größer, von Tag zu Tag dunkler, auch hier gibt es Tage und Nächte, flüchten sie meinem Weltgebäude entgegen, weil sie wissen, wie sehr es, mit ihrer eigenen Abkunft verwandt, ein durchlöcherter Sumpf in Erstarrung ist, genau wie die Erde, nur enger, gedrängter, größer, furchtbarer. |
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