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MUSEUM IM NETZ MICHAEL HEISCH: STUMPFFEINE LINIE
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Ekkehard Wölk

Michael Heisch: Stumpffeine Linie von Geviertlänge

No. 1
No. 2
No. 3
No. 4
No. 5

Wiedergabeformat: mp3
über Michael Heisch

Kommentar

In 90 Miniaturen von jeweils einer Minute Länge versuche ich kompositorische Kleinstformen auszuloten, die ich mit Hilfe von typografischen Masseinheiten konstruiere.

Die hier vorliegenden Stücke sind der Anfang einer Work-in-Progress-Situation: Wenn die 90 ›Tonband-Gedankenstriche‹ (›Klang-Aperçus à la minute‹) fertig sind, kann ein Set nach freier Wahl zusammengestellt und im Shuttle-Verfahren abgespielt werden (evtl. sogar in der Kombination mit einem oder mehreren Instrumenten, daran arbeite ich gerade in meinem Brouillage-Zyklus).

In den Ausgewählten Aufsätzen über Fragen der Gestalt des Buches und der Typografie von Jan Tschichold* bin ich auf die ›Villardsche Figur‹ aufmerksam geworden.

Abgebildete Diagramme und Seitenkonstruktionen und der ›harmonikale Teilungskanon‹ des Villard de Honnecourt** gaben mir die Grundformeln, um meine Klänge ›herzustellen und um später die klanglichen Ereignisse in einer Partitur zu organisieren.

Die Zeiteinschränkung von 60 Sekunden bietet mir eine sehr strikt gehaltene Gestaltungs- und Reibungsfläche, und die errechneten Masseinheiten (Klänge) sollen so möglichst vielfältig, variantenreich eingesetzt werden.

Wo es für für meine Ohren zwingend war, habe ich gewisse Regeln bewusst gebrochen oder hörbare Auffälligkeiten (Unreinheiten) bewusst einer inneren Materialbeschaffenheit überlassen. Entstanden sind teils kühle mathematische Rasterfelder, teils auch unbändig rankender Wildwuchs in einem skurril-absurden Buchstabendschungel.

Diese Tonband-Miniaturen bilden eine Fortsetzung einer meiner kompositorischen Ideen; so sind auch andere Stücke wie Serifen für Streichtrio oder Logogramm für Flöte und Moiré für Lochstreifen-Organette unter Einbeziehung von typografischen Regeln entstanden.


* Jan Tschichold (1902 - 1974) war so etwas wie der Übervater der modernen Typografie.

**Villard war ein piccardischer Architekt der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts. Sein Bauhüttenbuch, eine Handschrift, wird in der Pariser Nationalbibliothek aufbewahrt.

Michael Heisch (2006)

© Grabbeau 2008