Ulrich Schödlbauer
Jürgen Wölbing
Dünkirchen

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Jürgen Wölbing: Dünkirchen (Ill. 1)


Vergeh nun, Schatten, mein Ohr behielt
den Ton, obwohl ihn das Rauschen
schon fast ganz überdeckt; vergeh im Andrang
dessen, der nachkommt, selbst wenn er vielleicht
allzulang zögerte, weil ihm dein Weg
zwar als der einzige, doch auch
als nicht gangbar erschien. Jetzt (da er dich
aus den Augen verliert) ist es der seine, ein Streifen
Sand zwischen Kippe und Meer
bei sinkender Dämmerung, wenn Verkehr die
schwarzen Fassaden flutet und, nicht zu vergessen, die Dünung
in fahle Schreibzimmer rollt. Da tut es gut,
diese gläserne, in immer neuen Wendungen
steigende, scheulos anverwandelnde
Stimme irrlichternd durch die Brandung zu hören,
ihr getöntes Vibrato.
Jürgen Wölbing: Dünkirchen (Ill. 2) Allein der kritische Weg
ist noch offen. Wohin? Im Auge des Zweifels
schweigen die Fragen. Wohin offen? Aufbrüche ungezählt.
Entfallene Karten, die Würfel blind, reglos
kauern die Wachen. Aus Dunkel sprintet
gegen den glimmenden Zaun eine kleine verrückte
Gestalt. Gleich erfaßt sie der Kegel und müde,
fast gelangweilt hebt sich die Salve
über den Rand des Gelächters, das forttönt
ohne Unterlaß. Drüben, jenseits
des Zauns, ballt sich
die andere Stadt, unausrottbar, durchpulst
von Naiven, Fixem und Maklern, treibt ihre Passagen
über unklarem Grund in die sternklare Nacht.
Verbotsschilder überall. Doch jenes andere
ist immer schon weiter, zieht die Verbote
hinter sich her, Greifer
jagen ins Leere, sie streuen
Asche ins Flußbett, während der Horizont sich entflammt.
Jürgen Wölbing: Dünkirchen (Ill. 3) Wer vertraut, weiß Bescheid; wer nicht,
hat Gründe, gute vielleicht. Vergiß nicht zu atmen,
wenn du dich regst. Allein
dein Entsetzen enthält dich, sobald du
glatt das Ganze durchfährst. Das Ganze?
Nicht du, nicht er, keiner
ist da, der es aufrauschen ließe
in straffen Akkorden, doch wissen wir beide,
er und ich, was diesen ansprang im Dunkel,
die Hände, zur Abwehr gespreizt, ihm auf den Rücken bog,
ihn band, löste, vergaß, als habe er Ausgang heut:
Taub innen, die Wünsche gesprenkelt
mit glänzendem Kot, im Kreis der geborstenen Lampe
läßt einer Schiffchen schwimmen und wirft
papierene Schwalben hinaus auf die randlose See.