Schnee im
August
von Gabi Rüth
Es schneite. Es schneite seit
dem frühen Nachmittag. Zunächst hatte es nach einem Regenschauer
ausgesehen, in den sich ein paar Schneeflocken verirrt hatten. Von
Flocken konnte eigentlich gar keine Rede sein, so schwer fielen sie
zu Boden. Mehr Wasser als Schnee.
Doch im Laufe der nächsten halben
Stunde, das hatte er vom Fenster seines Hauses aus beobachtet,
wurden die Flocken flockiger und der Regenanteil ging zurück. Wind
war aufgekommen. Bald schon wirbelte der
Schnee vor dem Haus.
Schneegestöber im August, dachte er,
seltsam.
Bis Mittag war es so gewesen wie es sich für einen Sommertag
gehörte. 20 Grad schon zum Frühstück, angenehm. Er war am Vormittag
ins Dorf geradelt, um ein paar Sachen fürs Abendbrot einzukaufen.
Seine Frau würde gegen 19 Uhr zurück sein. Er hatte versprochen zu
kochen. Nun diese plötzliche Kälte. Er ging in den Schuppen neben
dem Haus, holte die Gummistiefel, zog sich die wattierte Jacke
über, die er eigentlich schon längst hätte weghängen wollen, und
ging hinaus. Der Schnee blieb liegen. Nicht überall. Auf der Straße
noch nicht, aber unter den Bäumen war der Boden offenbar schon so
kühl, dass der Schnee sich hielt. Er wusste, was die Leute im Dorf
sagen würden: Das hätten sie noch nie erlebt. Schnee im August.
Plötzlicher Schneeeinbruch im Juni, selbst Juli: Ja, daran könnten
sie sich erinnern. Vor allem oben auf der Alm. Die mit dem Vieh den
Sommer oben verbrachten, erzählten gern im Ochsen wie es war, wenn
sich urplötzlich Wolken zusammenballten, der Wind eisig und böig
blies und man kaum glauben konnte, dass kurz zuvor noch die Sonne
geschienen hatte. Und manchmal schneite es eben auch. Ein Spuk, der
schnell wieder verging.
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